Montag, Juli 30, 2007

Kino & FFF: MR. BROOKS


Official Selection Fantasy Filmfestival 2007

MR. BROOKS will irgendwie so gar nicht in das Raster passen, welches ich vorher für ihn gebastelt hatte. Nein, Bruce A. Evans’ neuster Film ist viel eher eine ruhige Mischung aus Psychothriller, Satire, Familiendrama und dem guten alten Ermittlungskrimi. Das alles wird von Evans toll verschachtelt und in eine sehr ansehnliche Form gebracht.

Primär geht es zwar um Earl Brooks, der versucht dem Verlangen nach Mord zu entfliehen und der dabei sein Teufelchen auf der Schulter sitzen hat. Dieses wird von keinem geringeren verkörpert, als von William Hurt himself. Doch nicht nur er brilliert im Film. Auch Costner macht eine verdammt gute Figur in dem ambivalenten Charater des Mr. Brooks, was ich ihm ehrlich gesagt nicht zugetraut hätte. Zu keinem Zeitpunkt kommen Zweifel an seinem innen Kampf auf, was schließlich die Prämisse seiner Figur darstellt. Deswegen breche ich gerne mit dem Tabu, die Schauspieler in MR.BROOKS zu loben: Selbst Demi Moore wusste bis auf ein paar kleinere Ausflüge ins Overacting in ihrer Rolle der Ermittlerin zu gefallen (Ihre erste Szene als knallhartes, abgeklärtes Copgirl ist schon etwas… man könnte sagen… unglaubwürdig.). Trotz zahlreicher Fehlschläge in ihren Filmographien beweisen beide: Sie können wenn sie wollen… und vielleicht auch dürfen.

Des Weiteren sind sie Nebenplots, in die MR. BROOKS öfters abtaucht, äußerst gelungen. Selbst ein Part von Demi Moore, der auf den ersten Blick vielleicht unnötig aussieht, beweißt spätestens bei der Einbindung in den Hauptstrang der Geschichte ein amüsantes Maß an Ironie. Es sind die tollen Einfälle welche MR. BROOKS so sehenswert machen. Deshalb ist es auch zu verschmerzen das die Opfer oft nur als Vehikel für Earl Brooks’ persönliche Gradwanderung dienen und uns sonst eher blass und fremd vorkommen. Mit einem größeren Bezug zu den Opfern hätte der Film die ambivalente Hauptfigur sicher noch unterstreichen können. Auch dies ändert jedoch nicht daran, dass ich lange nicht mehr so einen sympathischen und interessanten Serienkillerfilm (ZODIAC spielt hierbei schon wieder in einer eigenen Liga) gesehen habe. MR. BROOKS nimmt sich selbst nicht so ernst, schafft es aber trotzdem auf dem schmalen Grad zwischen schwarzem Humor und spannendem Thriller zu bestehen. Ich fand’s toll.

7-8/10

FFF: TALES FROM EARTHSEA (GEDO SENKI)


Official Selection Fantasy Filmfest 2007

Ob sich Goro Miyazaki (Sohn des legendären Hayao) hiermit einen Gefallen getan hat? Ich weiß ja nicht. TALES FROM EARTHSEA wurde damals für Hayao angelegt. Dieser steckte zu dem Zeitpunkt aber noch in den Dreharbeiten für HOWL’S MOVING CASTLE, weswegen sein Sohn den Regiestuhl übernahm. Das tückische an EARTHSEA ist, dass er stellenweise wirkt wie ein Film des Vaters. Das liegt natürlich am üblichen Ghibli-Zeichenstil, aber auch an der wunderschönen Musik. Nur das Herz des Films schlägt nicht so laut wie beispielsweise bei MONONOKE, CHIHIRO und TOTORO. Natürlich sind die Erwartungen hoch wenn ein Film aus dem Hause Miyazaki stammt. Deswegen sollte man mit dem Regiedebüt des Sohnes auch nicht all zu hart ins Geicht gehen.

Schöne Seiten hat der Film allemal. EARTHSEA erzählt eine Geschichte von Leben und Tod, wie wichtig es ist beide Seiten der Medaille zu akzeptieren um sein Leben lebenswert zu machen. (Minimal vergleichbar mit Aronofski’s THE FOUNTAIN, wenn auch nur im Ansatz) Diese Thematik kann der Film durchaus transportieren. Es sind andere Punkte welche stören: Die Geschichte wird unnötig langsam vorgetragen. Man hätte das Ganze viel rasanter gestallten können, ohne Kompromisse einzugehen. Zum anderen schneidet EARTHSEA einige Eckpunkte nur grob an: Der Subplot um die Drachen wirkt somit ein wenig konfus und formlos. Wir bekommen darüber nicht wirklich viel erzählt, was im Hinblick auf die Charakterentwicklung von Theru sehr schade ist. Ähnlich wie in HOWL’S MOVING CASTLE müssen wir zu viel ohne Erläuterung hinnehmen, was schon irgendwie den faden Beigeschmack von Effekthascherei mit sich trägt.

Das größte Manko für mich war jedoch, dass EARTHSEA der mystische Zauber anderer Ghiblifilme fehlt. Bestes Beispiel dürfte hier wohl CHIHIRO sein, in dem man gar nicht genug von dieser wundervollen, phantastischen Welt bekommt. Hier ist die Welt, trotz zahlreicher Fantasyelemente, eher unspektakulär ausgefallen. Und doch – ich kann es nicht anders sagen – ist TALES FROM EARTHSEA ein typischer Ghiblifilm. Das rettet Goro Miyazaki’s Film auch vor dem Durchschnitt. Die Charaktere sind interessant, die Musik ist traumhaft. Und uninteressant ist die Geschichte ja keines Wegs. Für ein Debüt durchaus in Ordnung. (Was wieder einmal die These bestätigt: Auch ein schlechter Ghibli ist noch ein guter Film)

6/10

FFF: DEAD SILENCE


Official Selection Fantasy Filmfest 2007

Der neue Film von Leigh Whannell und James Wan, im Internet relativ gehypt. Die beiden versuchen vom Jigsaw-Film loszukommen, indem sie in ein völlig anderes Untergenre springen und sich hinter Spuk und Grusel verstecken, nicht hinter (inzwischen) in Mode gekommenem Tortureporn. So ganz aufgegangen ist die Rechnung nicht – leider. Dennoch gefällt mir die Ambition der beiden, einen echten Shocker zu drehen.

Das größte Problem von DEAD SILENCE ist, dass er trotz einer Vielzahl an Dialogen nicht wirklich viel zu erzählen hat. Die Geschichte um die todbringenden Puppen ist schon dünn, wird dann aber unnötiger Weise mit ausbremsenden Phrasen gespickt. Dies unterbindet die Atmosphäre und den Gänsehautfaktor maßgeblich, weil nie so etwas wie ein ungutes Gefühl entsteht. Im Gegenteil – trotz oft super inszenierter Szenen bleibt man stets eher relaxet. Schade, wenn man bedenkt das Whannell und Wan es technisch durchaus draufhaben, wie sie auch mit DEAD SILENCE wieder unter Beweis stellen. Die Sets sind toll ausgestattet, jede Szene ins perfekte Licht gerückt und sie lupenreine Optik des Films weiß in der Tat zu gefallen. Selbst, dass die Macher sich an einigen Stellen etwas zu lange in der eigenen Inszenierung suhlen, könnte man gerne verzeihen. Letzten Endes will uns DEAD SILENCE aber etwas über die Horrorfilme vergangener tage erzählen, fällt dabei aber über seine selbst auferlegten Hürden: Ein Film kann noch toll aussehen – er muss den Zuschauer jedoch auch fesseln können.

Mit der Schauspielerauswahl haben sich Whannell und Wan ebenfalls keinen Gefallen getan: Donnie Wahlberg nervt abermals als rauborstiger Polizist. Das „wirklich“ Bodenlose an DEAD SILENCE ist dann schließlich aber der SAW-Gedächtnis-Plottwist. Ich weiß noch nicht ob sich die SAW-Erfinder eine Karikatur des eigenen Vorgängers auferlegen, wohl eher ist dieser aber dazu da, dem Publikum zu zeigen wer die tollsten und coolsten im Lande sind. Peinlich! Auch deshalb: Mittelmaß per excellence.

5/10

Donnerstag, Juli 26, 2007

FFF: SHADOWBOXER


Official Selection Fantasy Filmfest 2007

Im Vorfeld habe ich den Film mit folgenden Worten empfohlen bekommen: „SHADOWBOXER muss man allein deshalb gesehen haben, um ihm zu glauben.“ Jetzt, nach dem ich den Film kenne, kann ich den Worten nur zustimmen. Was Regisseur Lee Daniels hier vor seinem Publikum abzieht, ist irgendwo schon harter Tobak. Auf der einen Seite kommt man nicht drum herum ihm gewisse satirische Elemente einzugestehen, auf der anderen ist man immer wieder über die enorme Härte des Stoffes und der Darstellung verwundert. Vielleicht ist es gerade diese Mischung, welche SHADOWBOXER vom Einheitsbrei der Thriller/Krimis abhebt.

Müsste man diesen Mischmasch beschreiben, könnte man dies mit folgenden Zutaten tun: Etwas BRICK, sicherlich auch einen Hauch RUNNING SCARED, sowie einen guten Löffel PAY BACK (aber nur was den Härtegrad bei Schlägereien und Racheaktionen angeht). Das Hauptmotiv der ersten Hälfte stammt meiner Meinung nach jedoch aus KILL BILL, ohne SHADOWBOXER unterstellen zu wollen er hätte geklaut. Dabei geht es weniger um die Rachegelüste von Beatrix Kiddo, als um den Mutterinstinkt der auch in einer Killerin schlummert und der jederzeit entfesselt werden kann.

Superb ist auch der großartige Cast: Helen Mirren (THE QUEEN) war nie cooler, Stephen Dorff (BOTCHED, BLADE) nie böser, Cuba Gooding Jr (PEARL HARBOUR). selten besser, Vanessa Ferlito (DEATH PROOF) selten noch bezaubernder. Eine kleine, sehr merkwürdige Rolle hat auch Joseph-Gordon Levitt (BRICK, THE LOOKOUT). Er und seine Filmpartnerin stellen definitiv ein heißes Gespann dar. SHADOWBOXER ist oft wild und laut, aber auch melancholisch und sanft. Würde er am Ende nicht ganz so dick auftragen (das letzte Drittel verliert etwas an Fahrt) und uns seinen Subtext, den er ansonsten behutsam aufbaut, nicht so schonungs- & lieblos vorsetzen, wäre ich persönlich noch ein Stück weit zufriedener gewesen. Aber auch so habe ich einen tollen Film gesehen, der eben einmal davon lebt in vielen Szenen „anders“ zu sein, sei es auch auf Knopfdruck.

7-8/10

Mittwoch, Juli 25, 2007

FFF: OUT OF THE BLUE


Official Selection Fantasy Filmfest 2007

Eine kleine Überraschung, zu der man eigentlich nicht viel sagen muss, außer: OUT OF THE BLUE schafft spielend das zu sein, was Van Sant’s ELEPHANT so gerne wäre: Die realistische, unausgeschmückte, nuancenlose, kalte Schilderung eines Amoklaufs. Nur eben ohne die ellenlangen und selbstverliebten Kamerafahrten. Robert Sarkies ist ein pulsierender Mix aus Landschaftsaufnahmen und schockierendem Realismus gelungen, der an einigen Stellen sogar Gänsehautfaktor besitzt und am Ende, so merkwürdig es klingen mag, dem ein oder anderen Zuschauer ein Tränchen entlockt. In dem er das Hauptaugenmerk auf die Opfer richtet, erschafft OUT OF THE BLUE von der ersten bis zur letzten Minute eine gewisse Ernsthaftigkeit, welche ELEPHANT spätestens mit der viel zu klischeehaften Beschreibung der Täter abhanden kommt. Es gibt kein „Wieso“, nur die Tatsache DAS es passiert. Und diese Herangehensweise ist im Bezug auf das Thema mindestens genau so wichtig. Klare Sehempfehlung.

7-8/10

Donnerstag, Juli 12, 2007

FFF: THE HAMILTONS


Official Selection Fantasy Filmfest 2007

Eines dürfte klar sein: Dem Namen der Regisseure wird der Film auf keinen Fall gerecht. Und das ist auch gut so. In Zeiten von Mainstream-Tortureporn und Co. ist man dankbar für jede Erneuerung, die das Genre mitbringt, besonders wenn sie von Neulingen kommt. THE HAMILTONS ist in der Tat etwas anders, als die meisten Filme um ihn herum. Bei dem Regiedebüt der sogenannten „Butcher Brothers“ handelt es sich eher um eine hyperreale Familientragödie als um einen Slasher.

Und das Konzept ist klasse. Die Eltern sind tot, eine Familie bestehend aus 5 jungen Leuten kämpft immer wieder aufs Neue um das nackte Überleben in der harten Welt des Alltags. Dabei sind sie auf eine gewisse Nebentätigkeit angewiesen: Die müssen Organe verkaufen um ihren Schein zu wahren und das Leben, wie sie es kennen, aufrecht zu erhalten. Das ist jedenfalls das Bild welches uns vermittelt werden soll. Das klappt hervorragend. Ich muss gestehen, dass es mir selten leichter fiel Sympathie und Mitleid für einzelne Figuren zu empfinden, schließlich ist es nur realistisch, dass nicht alle Familienmitglieder solche Taten gut heißen werden. Doch dann macht THE HAMILTONS eine unangenehme Berg- & Talfahrt mit, die mir so gar nicht munden wollte. Von ganz oben, geht es nach ganz unten, weil sich die Butcher Brothers unnötig (!) Stolperfallen in den Weg stellen. Wieso muss einer der Brüder schwule Tendenzen haben? Wieso müssen Bruder und Schwester eine inzestuöse Beziehung führen? Das macht leider, leider sehr viel kaputt. Weil die Familie Hamilton (teilweise übrigens wirklich toller Cast) so von der Durchschnittsfamilie, was für den Plot enorm wichtig war, zur klischeebehafteten Filmfamilie degradiert wird.

Und so kann man kaum mit ansehen, wie THE HAMILTONS es sich durch immer mehr peinliche Szenen (der kleine Bruder im Keller geht mal gar nicht) beim Zuschauer verscherzt. Als der Plot schließlich dreht, wir merken dass wir es hier nicht wie angenommen mit Organhandel sondern mit Nahrungsaufnahme in Form von Vampirritualen zu tun haben, ist man schon etwas enttäuscht. Ja, die Idee ist nicht schlecht und hat spätestens in der letzten Szene ihre volle Berechtigung. Aber da wäre doch wirklich so viel mehr drin gewesen. Von oben betrachtet haben wir also einen genialen Anfang und ein durchaus gelungenen Schluss. Leider aber auch einen katastrophalen Mittelteil.

6/10

FFF: THE ABANDONED


Official Selection Fantasy Filmfest 2007

Alles was man im Vorfeld über diesen Film des After Dark Festivals lesen konnte, klang durchaus interessant. Auch Regisseur Nacho Cerdà konnte sich mit seinen Kurzfilmen AFTERMATH und GENESIS für einen Hit qualifizieren. Leider ist dies THE ABANDONED trotz verheißungsvoller Zutaten nicht geglückt.

Zu Beginn zeichnen sich noch vorzügliche Tendenzen ab: Trotz des äußerst altbackenen Plots um ein gruseliges Familienanwesen gelingt es Nacho Cerdà eine äußerst beklemmende und düstere Atmosphäre zu kreieren. Die verschiedenen Schauplätze sind perfekt ausgeleuchtet, die Farbgebung der Sets trägt ihren Teil zum Unbehagen bei. Das alles präsentiert Cerdà so routiniert, als würde er nie etwas anderes machen und hätte schon rund ein dutzend dieser Filme gedreht. Ja, bis etwa knapp zur Hälfte des Films denkt man tatsächlich, hier wäre ein junger Gott am Werk, der dem tot geglaubten Spuk-Genre wieder Leben einflößt. Bis man dann aber bemerkt, dass der Film ab diesem Punkt keinen Millimeter vorankommt. Cerdà baut die Spannung auf, um sie schließlich wie Wachs in seinen Händen verrinnen zu lassen. Nicht selten erweckt THE ABANDONED deswegen den Eindruck, es handle sich hier bei um eine Bewerbungsmappe und nicht um einen Spielfilm.

Und das tut dann doch ganz schön weh. Vom Drehbuch schreiben haben er und sein Partner Karim Hussain nämlich weniger Ahnung als eine Kuh vom Heu rupfen. Ihr Film verfügt über null Timing, ihre Mysterien (in Form von Zombie-Spiegelbildern) werden gerade zu inflationär eingesetzt & verlieren rasend schnell ihre Wirkung und der ach so geniale Plottwist gegen Ende des Affentheaters ist alt und langweilig. Filme wie LOST THING oder LANGGOLIERES konnten mit einer Zeitschleife evtl. noch ein paar Zuschauer beeindrucken, bei THE ABANDONED wirkt das Ganze schließlich genauso wie ihr Drehbuch: stink langweilig und dilettantisch ohne Ende.

Wer sich von THE ABANDONED einen optisch gelungenen Film verspricht, wird nicht enttäuscht. Nacho Cerdà schafft es eine tolle Stimmung zu schaffen. Wer jedoch auf Spannung, eine tolle Story oder gar clevere Wendungen hofft, wartet vergebens. THE ABANDONED ist langweiliges, langatmiges Videothekenfutter. Das der Film sich trotz seiner Ziellosigkeit für enorm clever hält, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs.

3-4/10

Montag, Juli 09, 2007

Kino & FFF: PREMONITION


Official Selection Fantasy Filmfest 2007

Vielleicht bin ich einfach wieder etwas sentimental. Jedenfalls fand ich PREMONITION ganz und gar nicht so schlecht wie er überall gemacht wird. Eine durchaus ansehnliche Mischung aus Familientragödie gepaart mit Mystery/Suspence. Schöne Aufnahmen und eine Sandra Bullock, die nur selten besser war. Habe dem zugegeben stellenweise etwas kitschigen Hokuspokus die Fürsorge total abgekauft. Man merkt, dass Regisseur Mennan Yapo die Geschichte tatsächlich interessiert. Dies setzt er somit auch dementsprechend um, was zur Folge hat, dass unfreiwillig komische Szenen vermieden werden (Bis auf den Sturz durchs Fenster). Und spannend war das ebenso wie konsequent. Mit einem solchen Ende hätte ich in dieser Produktion nicht gerechnet. Hoffe das PREMONITION (DIE VORAHNUNG) einen einigermaßen erfolgreichen Kinostart hinlegt. Ein Meisterwerk ist das Ganze sicherlich nicht, aber dennoch engagiert und diszipliniert verfilmt.

7/10

Donnerstag, Juli 05, 2007

FFF: PAPRIKA


Official Selection Fantasy Filmfest 2007

Wenn Naoko Takeuchi einen Film mit Cronenberg dreht oder wenn Hayao Miyazaki unter dem Einfluss von Ecstasy steht: Dann, ja nur dann, kommt ein Film wie PAPRIKA dabei heraus. Dachte ich jedenfalls. Satoshi Kon braucht weder den Kultregisseur, noch die Drogen um einen solchen Film zu kreieren. PAPRIKA fühlt sich an wie eine fließende Mischung aus Fiebertraum, Film Noir und Cronenbergs (deshalb der Verweis) EXISTENZ. Seit langem Mal wieder ein Film, der begreift wie unendlich die visuellen Möglichkeiten eines Traums und der menschlichen Psyche sind, und diese auch voll ausschöpft. Und wenn nicht mit einem Animefilm, mit was dann?

Ein leichter Einstieg wird uns eigentlich nicht geboten. PAPRIKA beginnt und legt gleich los. Deswegen dauert es ein wenig bis man mit dem abstrusen Noir-Plot klar kommt. Sehr viele technische Daten machen dem Zuschauer das Leben schwer. Was ist beispielsweise ein Mini DC? Langsam aber sicher findet man sich dann dennoch in Satoshi Kon’s Traumwelt zu Recht. Ab hier geht der Spaß erst richtig los. Zwar ist die Idee der Verschmelzung von Psyche und Realität in der Tat nichts Neues, doch selten wurde das Ganze so stimmig und passend umgesetzt wie hier. Zwar nimmt der Plot am Ende auch ein paar Wendungen, auf die Satoshi Kon gut und gerne hätte verzichten können, weil sie nicht so Recht in das schlüssige Gesamtbild des restlichen Films passen wollen, insgesamt weiß das Werk jedoch auf gleich mehreren Ebenen zu gefallen.

PAPRIKA ist bunt, laut und wirr. „Your Brain on Anime“ heißt es in der Tagline. Und genau das trifft den Nagel auf den Kopf. Der Film folgt nicht dem Trend in Richtung „Style over Substance“, sondern ist einerseits verworrenes Kopfkino über das man im Anschluss wunderbar diskutieren kann, anderseits aber auch atemberaubendes Eyecandy. Die Vorfreude war groß, Satoshi Kon hat sie jedoch noch einmal um ein Stück übertroffen. Für mich jetzt schon einer der mit Abstand besten Anime-Spielfilme überhaupt. Vielleicht bin ich PAPRIKA einfach nur auf den Leim gegangen und das alles ist in Wirklichkeit nur cooles Gepose, bei dem Satoshi Kon eineinhalb Stunden wild in der Spielzeugkiste wühlt um uns zu imponieren. Könnte sein. Doch selbst dann wäre der Film noch genial.

9/10

Mittwoch, Juli 04, 2007

Kino: 28 WEEKS LATER


Einen Preis für das originellste Drehbuch wird Regisseur Juan Carlos Fresnadillo wahrscheinlich nicht gewinnen. Dafür folgt 28 WEEKS LATER zu sehr den gängigen Genrekonventionen. Immer wieder scheitert der Film beim Versuch die Weitläufigkeit der Stadt einzufangen, weil sich die Charaktere an den unmöglichsten Stellen über den Weg laufen. Das geschieht zwar um die straffe Inszenierung nicht zu vernachlässigen, leider müssen in Sachen Logik somit Abstriche gemacht werden. Das war’s dann aber auch schon. Fresnadilllo hat ansonsten das Maximum aus diesem Sequel herausgeholt.

Wer ein Problem mit Wackekameras hat, sollte jedoch lieber einen weiten Bogen um diesen Film machen. Diese wird hier nämlich geradezu inflationär eingesetzt. Was der ein oder andere als Effekthascherei abtut, sehe ich ganz klar als Stärke des Films. Die Bilder sind düstern, gestochen scharf und lebendig. Diese aufgebaute Intensität verfügt über eine enorme visuelle Kraft und sorgt gleich für mehrere unangenehme Schauer. Das Ganze mündet dazu noch immer wieder in wirklich hervorragenden Szenen: Die ausbrechende Panik in der U-Bahnstation gehört definitiv zu den spannendsten und beunruhigendsten Szenen, welche ich dieses Jahr im Kino sah. Sehr unterhaltsam war auch der „einschneidende“ Helikopterflug. Zumal ich einen sehr ähnlichen erst vor ein paar Tagen in Rodriguez’ PLANET TERROR bewundern durfte.

Außerdem habe ich mich nur selten weniger über Kinderdarsteller in den Hauptrollen aufgeregt. Mackintosh Muggleton (Andi) und Imogen Poots (Tammy) machen ihre Sache großartig. Beide haben eine unglaublich authentische Darstellung an den Tag gelegt, sodass wohl auch der größte Skeptiker beim finalen Wettlauf gegen den Virus mitfiebert. Rose Byrne fügt sich (as always) ebenso perfekt in das Gesamtbild ein.

Würde ich diese aufgezählten Punkt nicht gerade jetzt, wo die aktuelle Kinolandschaft zu 80% aus langweiligen und überflüssigen Sequels besteht (Einen lieben Grüß an Soderbergh und Verbinski) so schätzen, würde 28 WEEKS LATER vielleicht ein wenig schlechter abschneiden. Größte Mankos bleiben das dünne Drehbuch und dessen fehlende Doppelbödigkeit. Sicher gibt es wieder den ein oder anderen Seitenhieb auf Militär und Regierung, was 28 WEEKS LATER aber fehlt, ist in dieser Hinsicht ein wenig mehr Biss und die Brillanz von Romeros Werken. Deswegen muss Fresnadillo’s Film mit seinen Schauwerten und der dichten Atmosphäre auskommen. Und das schafft er auch größten Teils äußerst effizient.

7/10

Dienstag, Juli 03, 2007

Kino: GRINDHOUSE


Ab dem 6. Absatz (DEATH PROOF) wird gespoilert!

Mit dem Grindhouse-Projekt nehmen sich Robert Rodriguez und Quentin Tarantino die damalige B-Movie Welle der Mitternachtskinos vor und lassen diese Zeit noch einmal aufleben. So steht es jedenfalls auf dem Papier. Ich muss zugebe, eigentlich schienen beide dafür prädestiniert zu sein. Nur warum jetzt noch einmal explizit GRINDHOUSE? Hat nicht Quentin Tarantino mit KILL BILL und JACKIE BROWN schon zwei sehr persönliche Grindhouse-Filme im ursprünglichen Sinne gedreht? Was schlussendlich dabei heraus gekommen ist weiß in der Tat zu gefallen, auch wenn es einige hartnäckige Reibungspunkte gibt.

Den Anfang macht zunächst Rodriguez mit seinem Zombiefilmchen PLANET TERROR. Optisch ist das Ganze wirkliche eine Pracht, wie eigentlich immer wenn der Name Rodriguez im Spiel ist. Es wird munter geschnetzelt, geblutet und eingesaut – wie der Herr es am liebsten hat. Nur Eigeninitiative gibt es wenig. Bei PLANET TERROR handelt es sich definitiv mehr um einen wilden Diebeszug durchs romerosche Genre, als um einen selbstständigen Film. Umso bezeichnender, dass sein Beitrag in Form von Handlungsabläufen oftmals sehr negativ aufstößt. Immer wieder braucht Rodriguez erniedrigte Weibsbilder in allen möglichen Variationen um seinen männlichen Machofiguren so etwas wie Coolness einzuhauchen. Dieser Versuch geht gnadenlos nach hinten los: Es ist nicht lustig und schon gar nicht cool, wenn eine einbeinige Frau mit ihrer improvisierten Gehhilfe penetriert werden soll, es ist ebenso überhaupt nicht komisch einer Protagonistin einfach mal die Haare rauszureißen. Von den anderen Foltermethoden, die ohne jeden Kontext im Film eingebettet sind ganz zu schweigen) Scheint als hätte da jemand eine gehörige Selbstbewusstseinsstörung.

Doch genug gewettert. Über einen gewissen Schauwert verfügt PLANET TERROR nämlich trotz eines gewissen Tempo-Vakuums (da ist einfach kein Zug dahinter) schon. Die Dialoge sind spitz und äußerst amüsant. Und optisch ist wie gesagt alles erste Sahne. So schön hat schon lange kein Film mehr geblutet. Außerdem hat dieser Film 2 unschlagbare Argumente: Marley Shelton und Rose McGowan. Großartige Performance! (Ein Highlight ist schon der Lapdance von MacGowan gleich zu Beginn des Films! Brillante Musik) Doch auch der restliche Cast ist sichtlich mit Spaß dabei. Die vielen Cameos machen zudem noch einen Heidenspaß.

Zwischen den beiden Filmen gibt es dann die lang umworbenen Faketrailer zu bestaunen. Das schwächste Glied der Kette dürfte Simon Pegg’s DON’T sein, den ich einfach überhaupt nicht lustig fand, der sich aber wiederum selbst für zum schreien komisch hält. Eine lustige Abwechslung stellt Rob Zombie’s WEREWOLF WOMAN OF THE SS dar. Ein kunterbunter Ideenmix mit einer hinreißenden Sheri-Moon Zombie. Mein persönliches Highlight allerdings ist ganz klar der THANKGSGIVING-Trailer von Gore-Rübe Eli Roth. Es ist außerdem der einzige Faketrailer, bei dem ich mir sehnlich gewünscht habe, dass es den Film dahinter wirklich so geben wird.

Als krönender Abschluss, wenn man das so formulieren möchte, wird dann schließlich Tarantino’s DEATH PROOF serviert. Hierbei handelt es sich eigentlich eher um eine krude Mischung aus MEAN GIRLS, FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL! und VANISHING POINT (Diesen bekommen wir von Tarantino gleich ein paar Mal aufs Brot geschmiert). Es ist die tolle Mischung die mich an diesem Film so verzauberte: Immer wieder schenken die Gefühle und Settings blitzartig um. Eben noch lustiger Girlie-Talk, in der nächsten Sekunde schon wieder düster und fies, wenn die Szenerie zu Kurt Russel umschwenkt. Überhaupt ist Russel wieder einmal großartig. Meiner Meinung nach hat man ihn in seiner Karriere nur sehr selten besser gesehen, als unter dem Umhang von Sir Tarantino. Was dieser graue Wolf mit seinen Augen macht ist mehr als beängstigend. Leider verkalkuliert sich Tarantino etwas, was den Aufbau von DEATH PROOF angeht. Man merkt wie viele Ideen er in dieses Werk stecken und mit wie vielen tollen Einfällen er um die Ecke spaziert kommen wollte. Aber es scheint fast, als habe er sich in diesem exzessiven Strudel etwas verloren. Für mich z.B. macht es nur wenig Sinn, dass er dem Zuschauer die erste Mädchentruppe mit Butterfly und Co so ans Herz legt und Sympathien steigert um sie urplötzlich auszulöschen. Erstes Problem: Für diese „Einleitung“ braucht er gut die Hälfte des Films. Zweitens: Wenn die zweite Truppe um Rossario Dawson zur „The new Breed of Super-Women“ mutiert, sind diese uns noch fast unbekannt.

Sicherlich, wie alle schlussendlich um den bösen Wolf stehen und ihm Saures geben, macht schon höllisch Spaß. Vor allem weil Tarantino wieder einmal zeigt das er ein fantastisches Gespür für seine Charaktere besitzt. Stuntman Mike ist dafür ein Paradebeispiel, denn die Gradwanderung welche er durchläuft ist trotz ihrer grotesken Züge immer noch glaubwürdig. Getreu dem Motto „Don’t fuck with the wrong girls, cause they will fuck you harder” gibts am Ende nach einer atemberaubenden Oldschool Verfolgungsjagd richtig auf die Mütze. Wobei anzumerken ist das DEATH PROOF gut ohne viel Action und Splatter auskommt. Hier ist es der Mood – Tarantino Flavor zum Quadrat – dem man sich hingibt, oder eben nicht. Ich mochte die Stimmung von DEATH PROOF auf Anhieb. Das zwanglose, ausgelassene Geschnatter der Mädchen, die unglaublich vielseitige Musikzusammenstellung und vor allem den superben Schnitt (Die Crashszene ist ja nun wirklich der Hammer).

Streng genommen könnte man sagen, dass die Aufgabe des Projektes GRINDHOUSE nur bedingt erfüllt wurde. Beide Regisseure, vor allem aber Tarantino, waren nicht ambitioniert genug einen Film mit dem angestrebten Inhalt und der angepeilten Länge anzufertigen. Trotzdem funktionieren beide als Double Feature ganz gut, selbst wenn beide ihre Mängel besitzen. Bei aller Kritik sollte man eines jedoch nicht vergessen: Gerade auch die Schwächen solcher Filme haben sie in der Zeit der B-Movies zu dem gemacht was sie für viele heute sind: Kult. Hierzulande haben beide Filme die Chance in der längeren Version zu punkten. Wehrend Rodriguez wahrscheinlich nicht mehr viel aus PLANET TERROR herausholen kann (!), wird Tarantino die Möglichkeit haben DEATH PROOF durch fehlende Szenen zu verbessern. Die Kurzfassung wirkt in der Tat ein wenig wie Schweizer Käse. Überall gibt es Löcher, die es nun zu füllen gilt. Und wir sind gespannt drauf! Abschließend könnte man sagen:

Rodriguez hat einen Film gedreht, der dem entspricht was die Masse sich unter GRINDHOUSE vorstellt. Tarantino hat sich das Thema mehr zu Herzen genommen, leider scheint dies aber oft nicht durch.

7/10

Montag, Juli 02, 2007

FFF: FREE JIMMY!


Official Selection Fantasy Filmfest 2007

Recht hartnäckig wurde FREE JIMMY als Animationskomödie für Erwachsene angepriesen. In diesem Zusammenhang ist das Interesse am Film auch nicht verwunderlich, schließlich hat Englands Ex-Zombiejäger Simon Pegg beim Drehbuch mit Hand angelegt. Eines vorne weg: Wenn man den Film kennt, möchte man dies kaum für möglich halten so unlustig und schenkelklopferisch das Ganze am Ende daherkommt. Auch kann ich nicht begreifen, wieso Schauspieler wie Woody Harrelson und vor allem Samantha Morton ausgerechnet hier eine Sprecherrolle übernommen haben. Cory und Todd Edwards zeigten mit HOODWINKED wie viel man auch mit kleinem Budget aus einem Film herausholen kann, wenn das Script meisterlich ist. Christopher Nielsen zeigt nun mit FREE JIMMY wie man ein solches Projekt kilometertief im Sand versenkt.

Und bei FREE JIMMY stimmt wirklich gar nichts. Er ist mit seiner schmuddeligen, kantigen Optik äußerst gewöhnungsbedürftig und diese sagte mir schon einmal überhaupt nicht zu. Schlimmer ist jedoch das die schlechten Zoten und Schenkelklopfer – wenn sie denn mal kommen – über Null Timing verfügen. Das alles wirkt wie ein riesiger Haufen frisch Erbrochenes. Und der Teller dampft noch: Was hier schließlich im letzten Viertel veranstaltet wird grenzt an Körperverletzung und hat mit Geschmack schon lange nichts mehr zu tun. Völlig sinnfrei wird auch die letzte Identifikationsmöglichkeit über Bord geschmissen. Was soll man dazu noch sagen? Ich habe selten in meinem Leben einen so dilettantischen, egoistischen und dazu noch sterbenslangweiligen Film erblicken müssen. Samantha Morton bewahrt FREE JIMMY dank 2 netten Lachern vor dem Totalausfall. Aber insgeheim rechne ich den Müll schon zum Bodensatz des Kinojahres. Tierschützer dieser Welt vereint euch: Eine so peinliche Vorstellung hat kein Elefant der Welt verdient.

2/10

Kino: LES FILLES DU BOTANISTE


Och nö.
Genau das was ich hier nicht erwartet hatte vorzufinden. Zwar sind die Darsteller toll, die Musik umwerfend und die Bilder bezaubernd - dafür die Geschichte um so klebriger. Oftmals kitschig, meistens sehr uninspiriert. Es ist halt immer das Gleiche over and over again. Gebe zu das mich die volle Dröhnung am Ende schon gepackt hat, auch wenn ich den Verlauf ins Politische nicht ansprechend fand. Denke damit stellt sich der Film nur eigene Stolperfallen, weil er eben nicht wie BROKEBACK MOUNTAIN für die Liebe im Allgemeinen plädiert, sondern die Gesellschaft dafür verantwortlich macht. Das mag ja (gerade in China) auch der Fall sein, nur leider verliert das Ganze ein wenig an Glaubwürdigkeit, weil besonders in der ersten Hälfte viel zeit mit Gepose verschenkt wird. Bin doch etwas enttäuscht. Hatte mich wirklich drauf gefreut.

5-6/10

Weil ich gerade sehr viele Filme sehe, werde ich leider nicht auf die im LAST SEEN-Beitrag geposteten Filme eingehen können. Stattdessen aber auf die aktuellen Highlights (GRINDHOUSE, PAPRIKA, 28 WEEKS LATER, FREE JIMMY!, BLACK SNAKE MOAN, und und und)